Pressetext 2012


Thomas Ruff, ma.r.s 15, 2010 (Ausschnitt)

Neue Präsentation der Fotografie-Sammlung am 15.09.2012 ab 18 Uhr

„Wo aber der Mensch aus der Photographie sich zurückzieht, da tritt erstmals der Ausstellungswert dem Kultwert überlegen entgegen.“ (Walter Benjamin)

Die öffentlich zugängliche Fotografie-Sammlung Arthur de Ganay knüpft an diesen Aspekt der Fotografie an und richtet den Fokus auf die Landschafts- und Architekturfotografie, um den Betrachter durch den von Benjamin genannten „Kult der Erinnerung“ nicht abzulenken.

Ein wichtiges Anliegen der Sammlung ist es, einen Beitrag zur breiten Akzeptanz der Fotokunst zu leisten. Durch die Zusammenstellung von ausgesuchten Arbeiten soll aufgezeigt werden, dass die Fotografie der Malerei innerhalb der bildenden Künste durchaus gleichwertig ist.

Anlässlich des sechsjährigen Bestehens der Sammlung Arthur de Ganay, werden Neu-Erwerbungen mit Werken aus dem Bestand in einem neuen Zusammenhang gezeigt. So wird mit zwei Werken aus der ma.r.s Serie von Thomas Ruff – autorenlose Satellitenbilder der NASA des Planeten Mars, welche von ihm künstlerisch überarbeitet wurden – der Begriff der Kunstfotografie wesentlich erweitert.

Ein zusätzliches neues Ensemble zum Thema Verlassene Orte wird mit Arbeiten von Sarah Schönfeld, Laurenz Berges und Götz Diergarten gezeigt. Diese Werke stammen aus einer jungen Generation von Fotokünstlern, die an der traditionellen Fotografie festhalten, jedoch mit neuen Motiven eine ausgesprochen moderne Art der Melancholie zu erreichen versuchen. Ein Werk der In The Night Serie der Künstlerin Susanne Schuricht stellt durch konsequente Abstraktion und Reduktion der formalen Mittel auf das Wesentliche die Wirklichkeit nicht nach, sondern weist über sie hinaus.

Mit den Landschaftsaufnahmen von Elger Esser, den Aufnahmen der Pariser Oper von Candida Höfer, der Innenaufnahme des Kölner Doms von Thomas Struth und den Architekturaufnahmen von Hiroshi Sugimoto sind weitere Ensembles zu sehen, die bereits als Klassiker der Sammlung gelten.

In einem eigens für die Sammlung erworbenen Loft in der Köpenicker Straße in Berlin-Kreuzberg zeigt der aus Frankreich stammende Architekt Arthur de Ganay seit sechs Jahren einige der bedeutendsten Vertreter der deutschen Kunstfotografie der 1990er Jahre bis heute, sowie aktuelle Entwicklungen. Jeden ersten Samstag des Monats führt der Sammler persönlich durch seine Räumlichkeiten.

 


Digitales Stadtmodell/Luftbild-Isometrie

Vom digitalen Stadtmodell zur Luftbildisometrie

Mit dem „Planwerk Innenstadt“ entstand 1996 der Bedarf an amtlich genauen, aktuellen und gebäudescharfen digitalen Arbeitsplänen. Das digitale Stadtmodell Berlin von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde dafür angelegt und wird bis heute weiter entwickelt. Die CAD-Grundkarten werden auf Basis der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK-Berlin) erstellt und im Abgleich mit Luftbildern und durch aktuelle Informationen aus dem Bau- und Planungsgeschehen vervollständigt. Gebäude werden mit unterschiedlichen Farben versehen: auf der Abbildung oben links (Stand 2012) ist der Bestand bis 1990 grau, die Neubauten zwischen 1990 und 2012 sind braun und die Planung ist gelb.

Der Computer erlaubt die Berechnung einer dreidimensionalen Isometrie ohne perspektivische Verzerrung. Dieser „neutrale“ Blick über die Stadt bevorzugt keine einzelnen Bauten oder Stadtteile: Alle Gebäude erscheinen im selben Maßstab. Ein solcher isometrischer Betrachtungswinkel ist über gewöhnliche Luftbilder aus dem Flugzeug jedoch nicht zu generieren, denn die Entfernung der Luftbildkamera zur Stadtoberfläche ist dafür zu gering.

Die Luftbild-Isometrie ist der Versuch, die fluchtperspektivlosen Aufnahmen einer Satellitenkamera (aus einer scheinbar unendlich großen Entfernung) mit der Schärfe von gewöhnlichen Luftbildern zu vereinen. Mittels einer aufwendigen Fotomontage wurden zahlreiche kleine Ausschnitte von Schrägluftaufnahmen der Firma BLOM aus dem Jahr 2006 in einem Ensemble kombiniert. Als optische Grundlage und konstruktives Raster dient hierbei die Isometrie des digitalen Stadtmodelles. Auf diese Weise wurden die Luftbilder derart verformt, dass die Darstellung von Bauten den Gesetzen der Perspektive zu entkommen scheint.

Mit diesen neuartigen Bildmontagen wird versucht, an die in der Sammlung gezeigten Aufnahmen des Planeten Mars anzuknüpfen, die Thomas Ruff seit dem Jahr 2010 künstlerisch bearbeitet hat. Der isometrische Betrachtungswinkel auf das Zentrum Berlins verkehrt allerdings die Blickrichtung: Lassen sich Ruffs ingeniöse Bearbeitungen von Nasa-Satellitenaufnahmen als hochpoetische Spurensuche nach Leben fern der Erde deuten, so kann die Luftbildisometrie von Berlin, wegen der theoretisch unendlichen Entfernung des Betrachters, auch als erster Blick von Extraterrestrischen auf unsere Zivilisation gelesen werden.

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